Warum eine frühzeitige Nachfolgeplanung für Ihr Familienunternehmen so entscheidend ist
Eine Expertin berichtet aus eigener Erfahrung: Wie fehlende Nachfolgeplanung ein Familienunternehmen mit 250 Mitarbeitern in die Krise stürzte und warum Sie heute handeln müssen, um Ihr Lebenswerk zu retten.
Als ich miterlebte, wie mein Vater plötzlich verstarb, war ich noch Studentin – ein Ereignis, das mein Leben für immer veränderte. Mein Vater, Geschäftsführer und Inhaber unseres Familienunternehmens mit über 250 Mitarbeitern, war das Zentrum des Unternehmens. Von einem Tag auf den anderen stand ich vor der Aufgabe, gemeinsam mit meiner Mutter ein Unternehmen zu führen, für das es keine Nachfolgeregelung gab.
Diese Erfahrung hat mich gelehrt: Nachfolgeplanung ist nicht nur ein "Nice-to-have" für später – sie ist eine Überlebensfrage für jedes Familienunternehmen. In diesem Artikel teile ich meine schmerzhaften Erfahrungen und zeige Ihnen, warum Sie nicht einen Tag länger warten sollten, Ihre Nachfolge zu regeln.
Was passiert, wenn die Nachfolge zum Notfall wird?
Die Realität traf uns wie ein Schlag. Von einem Moment auf den anderen musste ich zusammen mit meiner Mutter die volle Verantwortung für das Familienunternehmen übernehmen. Das Unternehmen benötigte sofortige Führung, doch es gab keine Vorbereitung, keine strukturierte Übergabe-Unterlagen und keine klaren Vereinbarungen.
Die Banken baten kurzfristig um Gespräche über die Kreditlinien, zentrale Kunden stellten mit Sorge Fragen zur weiteren Entwicklung des Unternehmens und unsere 250 Mitarbeiter brauchten Klarheit über ihre Arbeitsplätze. Lieferanten baten um Sicherheiten für bestehende Verträge, während die Behörden Klärung rechtlicher Fragen verlangten. Diese Situation hätte mit einer strukturierten Nachfolgeplanung komplett vermieden werden können.
Warum scheitern 70% aller Familienunternehmen an der Nachfolge?
Meine Geschichte ist kein Einzelfall. Aktuelle Studien zeigen erschreckende Zahlen: 70% aller Familienunternehmen überleben den ersten Generationswechsel nicht, nur 13% schaffen es in die dritte Generation. 50% der Nachfolgen scheitern an familiären Konflikten, 30% an fehlender Vorbereitung der Nachfolger.
Der häufigste Fehler ist die "Das hat noch Zeit"-Mentalität, bei der 60% der Unternehmer erst zwei Jahre vor dem geplanten Ausstieg beginnen sich mit ihrer Nachfolge zu befassen. Fehlende Kommunikation spielt ebenfalls eine große Rolle – nur 40% sprechen offen mit der Familie über die Nachfolge. Zusätzlich versuchen 70% den Prozess ohne externe Beratung zu bewältigen, was häufig zu emotionalen statt rationalen Entscheidungen führt.
Welche versteckten Kosten entstehen bei fehlender Nachfolgeplanung?
Was viele Unternehmer nicht wissen: Fehlende Nachfolgeplanung kostet nicht nur Nerven, sondern auch enormes Geld, wenn eine Krisen- und Ausnahmesituation eintritt. Notfall-Beratungskosten liegen 150-300% über normalen Tarifen und rechtliche Eilverfahren verursachen zusätzliche Kosten. Die steuerliche Belastung kann um bis zu 40% höher ausfallen, während Banken in Fällen unklarer Nachfolgesituation die Kreditkonditionen verschärfen und die Zinssätze um 2 bis 5 Prozentpunkte erhöhen können.
Versteckte Verluste sind noch dramatischer: Kundenabwanderung von durchschnittlich 15-25% in den ersten sechs Monaten sowie Mitarbeiterfluktuation von 30-50% bei unklarer Führungssituation. Der Umsatz kann im ersten Jahr nach einer Notfall-Übernahme um 20-40% zurückgehen. Langfristig führt eine ungeregelter Notfall-Nachfolge zu einer Wertminderung von 30-50% des Unternehmens.
Was ist bei unserer Nachfolge schiefgelaufen?
Rückblickend kann ich heute klar benennen, was uns in dieser ernsten Situation belastet hat. Es fehlte eine dokumentierte Nachfolgeregelung mit klaren Kompetenzzuweisungen und Notfallplänen für unterschiedliche Szenarien, auch weil wir in der Familie nie wirklich darüber gesprochen haben, wie die Nachfolge gestaltet werden sollte oder welche Erwartungen und Wünsche es dazu gab.
Gleichzeitig waren wir als potenzielle Nachfolger unzureichend vorbereitet. Ich kannte nur Teilbereiche des Unternehmens, wichtige Kontakte liefen ausschließlich über meinen Vater, und meine Führungserfahrung beschränkte sich auf theoretisches Wissen aus dem Studium. Das fehlende Branchen-Know-how musste ich mir unter enormem Zeitdruck aneignen. Darüber hinaus fehlte mir jemand, mit dem ich mich hätte besprechen können und der unabhängig von der Familie ist. Eine neutrale Person, die mit mir die wichtigen Themen diskutiert und mich unterstützt bei der Übernahme von Verantwortung für das Unternehmen.
Warum haben wir das Unternehmen schließlich verkauft?
Nach einer langen Zeit intensiver Herausforderungen erhielten wir ein sehr attraktives Angebot, das wir nicht ablehnen konnten. Die Entscheidung zum Verkauf war emotional schwer, aber rational richtig. Der Käufer gewährleistete den Erhalt sämtlicher Arbeitsplätze, wodurch sich für uns eine vielversprechende Perspektive zur professionellen Weiterentwicklung des Unternehmens eröffnete.
Persönlich bedeutete der Verkauf für mich die Möglichkeit, mich auf meine Stärken zu konzentrieren, finanzielle Absicherung für die Familie und Zeit für qualifizierte Weiterbildung. Rückblickend stellte ich fest, dass mir entscheidendes Wissen fehlte – insbesondere rechtliches Wissen und externe Beratung. Ein erfahrener Mentor hätte mir in dieser Phase wertvolle Unterstützung bieten können.
Wie sollte eine strukturierte Nachfolgeplanung aussehen?
Aus meinen Erfahrungen und der Arbeit mit zahlreichen Unternehmerfamilien habe ich ein bewährtes System entwickelt. Der Prozess sollte mindestens fünf bis sieben Jahre vor der geplanten Übergabe beginnen und umfasst mehrere entscheidende Phasen.
Bewusstseinsbildung: Eine ehrliche Analyse der aktuellen Situation, Identifikation potenzieller Nachfolger und erste Gespräche über Zukunftsvorstellungen sind der Startpunkt. Familienstrategie-Workshops mit externer Moderation helfen dabei, verschiedene Optionen zu durchdenken.
Strategieentwicklung: Die vier Grundoptionen müssen bewertet werden: familieninterne Nachfolge, Management-Buy-Out, externe Nachfolge oder kontrollierte Liquidation.
Vorbereitung der Nachfolger: Für interne Nachfolger bedeutet dies systematisches Durchlaufen aller Unternehmensbereiche, eventuelle externe Berufserfahrung und Führungskompetenzen-Entwicklung. Ein strukturierter Entwicklungsplan über mehrere Jahre ist dabei unerlässlich.
Welche emotionalen Herausforderungen entstehen bei der Nachfolge?
Was in allen Lehrbüchern steht, aber niemand wirklich vermittelt: Nachfolge ist hochgradig emotional. Es geht nicht nur um Zahlen, Verträge und Strukturen, sondern um das Loslassen des Lebenswerks und Vertrauen in die nächste Generation.
Für viele Senior-Unternehmer bedeutet die Nachfolge den Verlust einer wichtigen Identitätsrolle, die eng mit ihrer Funktion im Unternehmen verknüpft ist. Die Sorge, nach dem Rückzug an Bedeutung und Anerkennung zu verlieren, sowie Ängste um das unternehmerische Erbe belasten sie häufig stark. Hinzu kommt, dass Perfektionismus den Übergabeprozess erschweren kann, da Zweifel an den Fähigkeiten der Nachfolger oft groß sind.
Nachfolger hingegen stehen unter erheblichem Erwartungsdruck: Sie müssen die Rolle des Familienmitglieds und des Unternehmers zugleich erfüllen. Der ständige Vergleich mit den Leistungen des Seniors, die Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und deren Familien sowie komplexe Geschwisterdynamiken im geschäftlichen Umfeld erhöhen die Herausforderungen zusätzlich.
Offene Gespräche über Ängste und Sorgen, professionelle Begleitung und Unterstützung der Familien sowie externe Moderation bei sensiblen Themen können dabei entscheidende Unterstützung bieten und den Nachfolgeprozess konstruktiv begleiten.
Wann müssen Sie sofort handeln?
Bestimmte Situationen erfordern sofortiges Handeln. Akute Warnsignale sind schwere Erkrankungen oder Burnout des Geschäftsführers, bevorstehende Scheidung oder Erbstreitigkeiten in der Familie sowie Liquiditätsprobleme oder Kündigungen wichtiger Mitarbeiter aufgrund von Unsicherheit.
Mittelfristige Warnsignale umfassen eine sich verschlechternde Marktposition, kritischen Digitalisierungsrückstand und stark inhaberabhängige Strukturen ohne zweite Führungsebene. Zu den langfristigen Warnsignalen zählen ein Geschäftsführer über 55 Jahre ohne dokumentierte Nachfolgeregelung, das Fehlen geeigneter oder die Unsicherheit potenzieller Nachfolger sowie tiefgreifende Veränderungen im Branchenumfeld. Diese Faktoren erhöhen das Risiko einer unvorbereiteten Unternehmensübergabe und können die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens erheblich gefährden.
Was kostet professionelle Nachfolgeplanung wirklich?
Viele Unternehmer und Nachfolger haben verständlicherweise Bedenken wegen der Kosten einer professionellen Nachfolgeplanung. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch bestätigen: Diese Investition lohnt sich immer – sie schafft Sicherheit für das Unternehmen, bewahrt Arbeitsplätze und ermöglicht einen gelungenen Übergabeprozess, der allen Beteiligten zugutekommt. Für Unternehmer und Nachfolger ist eine frühzeitige und sorgfältige Nachfolgeplanung entscheidend.
Diese umfasst neben rechtlichen und steuerlichen Aspekten auch Beratungen und interne Abstimmungsprozesse. Über einen Zeitraum von rund sieben Jahren liegen die Kosten in der Regel zwischen 150.000 und 350.000 Euro – je nach Unternehmensgröße und Komplexität.
Im Gegensatz dazu können ungeplante Notfall-Nachfolgen wesentlich höhere Kosten verursachen. Diese entstehen durch dringende Finanzierungslösungen, mögliche Rechtsstreitigkeiten, Produktionsausfälle sowie Vertrauensverluste bei Kunden und Geschäftspartnern. In der Praxis können sich die Kosten auf 800.000 bis mehrere Millionen Euro belaufen, insbesondere bei größeren Unternehmen oder in kapitalintensiven Branchen.
Der wesentliche Vorteil einer strukturierten Nachfolge liegt nicht nur in der Kosteneinsparung, sondern vor allem in der Sicherung der Zukunftsfähigkeit und Stabilität des Unternehmens. Für Unternehmer und Nachfolger bedeutet das weniger Risiko und eine deutlich entspanntere Übergabe.
Die Gesamtkosten strukturierter Planung umfassen Familienberatung und Moderation, rechtliche Strukturierung, steuerliche Optimierung und Nachfolger-Coaching. Im Vergleich zu den enormen Kosten und Risiken einer Notfall-Lösung ist professionelle Nachfolgeplanung eine der besten Investitionen, die ein Unternehmer tätigen kann.
Wie kann Ihnen meine Erfahrung helfen?
Nach dem Verkauf unseres Familienunternehmens entschloss ich mich, mein Wissen um juristische Kenntnisse zu erweitern und eine Ausbildung als Personal- und Business-Coach zu absolvieren. Mein Wunsch war es, mit meinen Erfahrungen anderen Unternehmerfamilien bei der Nachfolgeplanung beratend zur Seite zu stehen.
Heute unterstütze ich Familienunternehmen mit meiner Erfahrung und meinem Wissen bei der Unternehmensübergabe. Meine tiefgreifenden Erfahrungen aus der eigenen Nachfolge, zusammen mit meinem Studium der Organisations- und Wirtschaftssoziologie und meinen gezielten Ausbildungen, versetzen mich in die Lage, umfassende und kompetente Unterstützung zu bieten. Ich begleite Unternehmerfamilien auf ihrem individuellen Weg durch den Übergabeprozess und helfe ihnen, maßgeschneiderte Lösungen für ihre spezifischen Herausforderungen zu finden.
Fazit: Handeln Sie heute, nicht morgen
Nachfolge ist ein Prozess des Miteinanders, der zwischenmenschlichen Kommunikation und des Verständnisses füreinander. Sie erfordert offene Kommunikation, echtes Verständnis und die Bereitschaft, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Das Ziel ist eine nachhaltige und harmonische Nachfolge, die sowohl das Erbe des Unternehmens bewahrt als auch die Zukunft aller Beteiligten sichert.
Mein wichtigster Rat: Warten Sie nicht, bis es zu spät ist. Beginnen Sie heute mit der Nachfolgeplanung – Ihr Lebenswerk und Ihre Familie werden es Ihnen danken. Die Zeit für Ausreden ist vorbei, die Zeit für Handeln ist jetzt.
Wenn Sie Fragen zur strukturierten Nachfolgeplanung haben oder Unterstützung bei Ihrem individuellen Nachfolgeprozess benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Ihr Lebenswerk in guten Händen ist.

Beate Imschweiler
Expertin für Nachfolgeregelung in Familienunternehmen
Beate Imschweiler ist eine erfahrene Nachfolgeberaterin mit authentischer Praxis-Erfahrung als ehemalige Geschäftsführerin eines Familienunternehmens mit über 250 Mitarbeitern. Nach ihrem Studium der Organisations- und Wirtschaftssoziologie und zusätzlicher Ausbildung als Personal- und Business-Coach begleitet sie heute Unternehmerfamilien durch strukturierte Nachfolgeprozesse und hilft dabei, die emotionalen und rechtlichen Herausforderungen des Generationswechsels erfolgreich zu meistern.