Kaufen statt gründen: Warum der Unternehmenskauf die bessere Alternative ist
Unternehmenskauf vs. Neugründung: Alle Vorteile, Herausforderungen und strategischen Überlegungen für angehende Unternehmer, die den direkten Weg zur Selbstständigkeit suchen.
Der Traum vom eigenen Unternehmen führt die meisten Menschen automatisch zur Unternehmensgründung. Doch immer mehr angehende Unternehmer entdecken eine oft übersehene Alternative: den Kauf eines bestehenden Unternehmens. Diese Option bietet deutliche Vorteile gegenüber der klassischen Neugründung und wird als strategischer Weg zum Unternehmertum zunehmend attraktiver.
Deutschland steht vor einer historischen Herausforderung in der Unternehmensnachfolge. Zehntausende etablierte Betriebe suchen in den kommenden Jahren einen Nachfolger, während gleichzeitig das Interesse an alternativen Wegen zur Selbstständigkeit wächst. Diese Entwicklung eröffnet außergewöhnliche Möglichkeiten für alle, die ein eigenes Unternehmen führen möchten, ohne die typischen Risiken und Unsicherheiten einer Gründung in Kauf zu nehmen.
Die Vorteile des Unternehmenskaufs gegenüber der Neugründung
Sofortiger Marktzugang und etablierte Strukturen
Der größte Vorteil beim Kauf eines bestehenden Unternehmens liegt in der sofortigen Verfügbarkeit aller wesentlichen Geschäftskomponenten. Während Gründer Jahre benötigen, um Marktanteile zu erobern, übernehmen Käufer etablierte Kundenbeziehungen, funktionsfähige Prozesse und bewährte Geschäftsmodelle. Das Unternehmen generiert vom ersten Tag an Umsätze und verfügt über einen nachgewiesenen Kundenstamm.
Ein eingespieltes Team mit jahrelanger Erfahrung stellt einen weiteren entscheidenden Vorteil dar. Die Mitarbeiter kennen die Abläufe, Kunden und Lieferanten. Dieses Know-how lässt sich nicht über Nacht aufbauen und ist bei einer Neugründung oft die größte Herausforderung. Der neue Inhaber kann sich daher von Beginn an auf strategische Entscheidungen und Weiterentwicklung konzentrieren, anstatt Grundlagen zu schaffen.
Reduzierte unternehmerische Risiken
Neugründungen scheitern überdurchschnittlich häufig in den ersten Jahren, da Marktakzeptanz, Finanzierung und operative Herausforderungen unvorhersagbar sind. Beim Unternehmenskauf hingegen existieren bereits Geschäftszahlen, Marktposition und Kundenbewertungen. Diese Informationen ermöglichen eine realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten und reduzieren das Investitionsrisiko erheblich.
Die Due Diligence-Prüfung vor dem Kauf verschafft detaillierte Einblicke in alle Unternehmensbereiche. Finanzielle Entwicklung, Marktstellung, rechtliche Situation und operative Abläufe werden transparent dargestellt. Diese Informationstiefe steht bei Neugründungen nicht zur Verfügung, da dort nur Prognosen und Geschäftspläne existieren.
Finanzierungsvorteile durch nachgewiesene Rentabilität
Banken und Investoren finanzieren etablierte Unternehmen mit nachgewiesener Profitabilität deutlich bereitwilliger als innovative Geschäftsideen ohne Erfolgsnachweis. Die Kreditvergabe orientiert sich an historischen Finanzdaten und stabilen Cashflows, die das Ausfallrisiko minimieren. Dadurch ergeben sich bessere Konditionen und höhere Finanzierungsquoten.
Zusätzlich bieten staatliche Förderprogramme spezielle Unterstützung für Unternehmensnachfolgen. Diese Programme erkennen die volkswirtschaftliche Bedeutung der Erhaltung bestehender Arbeitsplätze und Wirtschaftsstrukturen. Die Förderbedingungen sind oft günstiger als bei Gründungsfinanzierungen, da das Risiko als geringer eingestuft wird.
Herausforderungen beim Unternehmenskauf
Höherer Kapitalbedarf
Der Kauf eines etablierten Unternehmens erfordert in der Regel deutlich mehr Kapital als eine Neugründung. Der Kaufpreis orientiert sich am Unternehmenswert, der durch bestehende Kundenbeziehungen, Marktposition und Rentabilität bestimmt wird. Diese Wertkomponenten müssen bezahlt werden, auch wenn sie bei einer Neugründung über Jahre hinweg entwickelt würden.
Die Finanzierungsstruktur muss sorgfältig geplant werden, da verschiedene Kapitalquellen kombiniert werden müssen. Eigenkapital, Bankkredite, Verkäuferfinanzierung und möglicherweise Beteiligungskapital sind zu orchestrieren. Die Komplexität dieser Finanzierungsstrukturen übersteigt oft die einfacheren Anfangsinvestitionen bei Neugründungen.
Bewertungsherausforderungen und Verhandlungen
Die angemessene Bewertung eines Unternehmens erfordert fundierte Kenntnisse verschiedener Bewertungsmethoden und Marktgegebenheiten. Verkäufer haben oft emotionale Bindungen zu ihrem Lebenswerk und neigen zu überhöhten Preisvorstellungen. Käufer müssen objektive Bewertungsmaßstäbe anwenden und gleichzeitig verhandlungsgeschickt agieren.
Die Verhandlungsphase kann sich über Monate erstrecken und erfordert Unterstützung durch erfahrene Berater. Rechtliche, steuerliche und finanzielle Aspekte müssen koordiniert werden. Diese Komplexität existiert bei Neugründungen nicht, da dort nur Investitionsentscheidungen zu treffen sind.
Integration und Kulturwandel
Nach dem Kauf steht der neue Inhaber vor der Herausforderung, sich in bestehende Strukturen zu integrieren und gleichzeitig notwendige Veränderungen durchzusetzen. Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten müssen Vertrauen zum neuen Eigentümer entwickeln. Dieser Prozess erfordert diplomatisches Geschick und klare Kommunikation.
Die Unternehmenskultur ist über Jahre gewachsen und lässt sich nicht kurzfristig verändern. Der neue Inhaber muss entscheiden, welche Elemente erhalten bleiben und wo Modernisierung notwendig ist. Diese Balance zu finden, ohne die erfolgreichen Aspekte des Unternehmens zu gefährden, stellt eine besondere Führungsherausforderung dar.
Strategische Überlegungen für potenzielle Käufer
Branchenauswahl und Marktanalyse
Die Wahl der richtigen Branche beeinflusst den langfristigen Erfolg maßgeblich. Wachstumsbranchen mit stabilen Zukunftsaussichten bieten bessere Entwicklungsmöglichkeiten als schrumpfende Märkte. Die demografische Entwicklung, technologische Trends und regulatorische Veränderungen müssen in die Entscheidung einbezogen werden.
Eine gründliche Marktanalyse deckt Chancen und Risiken auf. Konkurrenzsituation, Kundenverhalten und Lieferketten sollten verstanden werden, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird. Diese Analyse geht über die unternehmensspezifische Due Diligence hinaus und betrachtet das gesamte Marktumfeld.
Persönliche Eignung und Qualifikationen
Der Unternehmenskauf erfordert andere Fähigkeiten als die Neugründung. Während Gründer oft innovativ und risikobereit sind, müssen Käufer etablierte Strukturen verstehen und optimieren können. Führungserfahrung, Branchenkenntnisse und Finanzverständnis sind von größerer Bedeutung als kreative Geschäftsideen.
Die persönliche Motivation sollte ehrlich hinterfragt werden. Der Reiz, sofort ein funktionierendes Unternehmen zu leiten, darf nicht über mangelnde Führungserfahrung oder unzureichende Branchenkenntnisse hinwegtäuschen. Eine realistische Selbsteinschätzung verhindert kostspielige Fehlentscheidungen.
Finanzierungsplanung und Risikoabsicherung
Eine durchdachte Finanzierungsplanung berücksichtigt nicht nur den Kaufpreis, sondern auch Investitionen für notwendige Modernisierungen und Betriebsmittel für die Anfangszeit. Unvorhergesehene Ausgaben sollten eingeplant werden, da nach dem Kauf oft Investitionsbedarf in Technologie, Marketing oder Personal entsteht.
Die Risikoabsicherung durch entsprechende Vertragsgestaltung schützt vor bösen Überraschungen. Gewährleistungen, Garantien und Freistellungen des Verkäufers sollten angemessen vereinbart werden. Eine umfassende Versicherungsanalyse deckt potenzielle Haftungsrisiken ab.
Der deutsche Mittelstand als Chance
Deutschland verfügt über eine einzigartige Mittelstandsstruktur mit vielen erfolgreichen Familienunternehmen, die vor der Nachfolgefrage stehen. Diese Unternehmen sind oft profitabel, haben treue Kundenstämme und solide Marktpositionen. Gleichzeitig fehlen häufig familieninterne Nachfolger oder die Bereitschaft zur Weiterführung in der nächsten Generation.
Diese Konstellation schafft außergewöhnliche Möglichkeiten für externe Käufer. Viele dieser Unternehmen würden bei einer Neugründung Jahre oder Jahrzehnte benötigen, um eine vergleichbare Marktposition zu erreichen. Der Kaufpreis ist oft angemessen, da Verkäufer primär an der Unternehmensfortführung und dem Erhalt der Arbeitsplätze interessiert sind.
Die regional verwurzelten Strukturen vieler mittelständischer Unternehmen bieten Stabilität und Kundennähe. Diese Eigenschaften werden in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft wieder wertvoller. Käufer können von diesen etablierten Beziehungen profitieren und gleichzeitig moderne Geschäftspraktiken einführen.
Zukunftsperspektiven und Empfehlungen
Der Trend zum Unternehmenskauf wird sich in den kommenden Jahren verstärken. Die demografische Entwicklung führt zu einem steigenden Angebot von Unternehmen ohne interne Nachfolgelösung. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für die Vorteile des Kaufs gegenüber der Neugründung.
Potenzielle Käufer sollten sich frühzeitig über verfügbare Unternehmen informieren und ihre Finanzierungsmöglichkeiten klären. Der Markt wird selektiver, da mehr Interessenten um attraktive Objekte konkurrieren. Eine professionelle Vorbereitung und klare Vorstellungen über Branche, Größe und Standort verbessern die Erfolgsaussichten erheblich.
Die Unterstützung durch erfahrene Berater ist bei komplexen Transaktionen unverzichtbar. M&A-Berater, Anwälte, Steuerberater und Finanzierungsexperten sollten frühzeitig eingebunden werden. Ihre Expertise verhindert kostspielige Fehler und optimiert die Verhandlungsergebnisse.
Der Kauf eines bestehenden Unternehmens stellt für viele angehende Unternehmer die intelligentere Alternative zur Neugründung dar. Reduzierte Risiken, etablierte Strukturen und bessere Finanzierungsmöglichkeiten sprechen für diese Option. Gleichzeitig erfordert sie höhere Anfangsinvestitionen und andere Fähigkeiten als die klassische Gründung. Bei sorgfältiger Vorbereitung und realistischer Einschätzung der eigenen Möglichkeiten eröffnet der Unternehmenskauf jedoch außergewöhnliche Chancen für den direkten Einstieg in eine erfolgreiche Unternehmertätigkeit.

Michael Polit
Geschäftsführer Otter Consult
Michael Polit ist Geschäftsführer der Otter Consult GmbH, einer digitalen M&A-Beratung, die KMUs im DACH-Raum bei der Unternehmensnachfolge unterstützt. Als erfolgreicher Unternehmer führt er parallel mehrere Unternehmen der Otter-Gruppe, darunter Betriebe im Handwerk und in der Vermögensverwaltung. Mit seinem erfolgreichen TikTok-Kanal zum Thema Nachfolge macht er M&A-Wissen einer breiten Zielgruppe zugänglich und verbindet dabei digitale Kommunikation mit fundierter Beratungsexpertise.